Nachdem Jörg und ich 2020 von Fit4Bike ausgewählt wurden mit bei der Abgabe des BIB Books zur Bewerbung der Kulturhauptstadt 2025 teilnehmen zu dürfen, waren wir auch für 2021 zum European Peace Ride priorisiert.
Wir sind zumindest nicht negativ aufgefallen und durften uns dieses Jahr wieder mit vorrangig anmelden wie die 80 Teilnehmer aus dem Vorjahr. Für uns war sofort klar das wir wieder teilnehmen.
Am Freitag früh ging es in Chemnitz los. Mit dem Bus wurden wir nach Wrocław gefahren. Unsere Räder kamen mit einem LKW hinterher. Trotz kleiner Unklarheiten an der Grenze bzgl. der Maut kamen wir 16:30 am Hotel an und erreichten Punktlich 17 Uhr den Park Południowy (Süd Park) wo eine Bühne aufgebaut worden ist, um uns zu begrüßen und für ein kleines Kulturprogramm. Nach dem offiziellen Teil konnten wir vom Buffet die nötigen Kalorien für den nächsten Tag verspeisen.
Wenn sich 120 hungrige Radfahrer, Betreuer, Motorradkolone über was zu Essen her machen bleibt nichts übrig… wirklich gar nichts. Nach dem Essen haben wir uns bei Live Musik noch etwas Bier schmecken lassen und sind pünklich ins Bett.
Am nächsten Morgen wollten wir 5 Uhr aufstehen, damit wir 5:30 die Frühstückspakete abholen können. Es wurde 5:15 da der Wecker für Montag bis Freitag eingestellt war. Es war allerdings Samstag… Trotzdem waren wir 5:30 bei der Essensausgabe. Nach dem Verzehr des Frühstück gings zum Räder holen und an den Süd Park zum Startpunkt.
Nach den Ansprachen aller wichtigen Persönlichkeiten wie z.B. den Bürgermeistern der Stadt Chemnitz und Wrocław gings 7 Uhr mit dem Startschuß los. Wir waren letztes Jahr schon vom tschechischen Motorradclub begeistert die uns begleitet haben. Diese waren auch dieses Jahr wieder dabei sowie polnische Motorradfahrer und die Polizei der jeweiligen Länder in denen wir uns auf der Strecke gerade befanden. Dadurch brauchten wir keine roten Ampeln oder Vorfahrten anderer Straßen beachten. Für uns wurde wieder die komplette Strecke abgesperrt. So gings anfangs durch das landschaftlich schöne Polen. In jedem Dorf wurde die ortsansässige Feuerwehr verständigt das diese die Ortschaften sichern. Auch das hat super funktioniert. Trotz leicht welligem Profil kamen wir sehr gut voran. Weil ein Führungsfahrer die Stecke nicht genau kannte stürzen wir Kamienna Gora kurzzeitig ins Verkehrschoas. Der ganze Tross mit allen Begleitfahrzeiten musste mitten im Ort umdrehen. Einmal pro Friedensfahrt gehört ein kleiner “Verfahrer” dazu. Was auffällt… kein polnischer Autofahrer hat auch nur irgendwelche wütenden Anstalten gemacht. In Deutschland weiß ich nicht ob das so harmonisch abgegangen wäre. Vor der Grenze kam nochmal ein ruppigeres Wegstück. Darüber wurden wir beim vorherigen Halt informiert. Trotzdem hats auf dem Stück Reifen erwischt die am Ende luftlos waren. Diese konnten durch Anton im “Werkzeugwaagen” repariert werden. Zwischenzeitlich mussten sogar defekte Räder im Rote Kreuz Waagen repariert werden aber am Ende waren alle immer wieder Einsatzbereit. Nun gings durch Tschechien am Riesengebirge vorbei nach Trutnov. Dabei konnte man sogar hier und da die Schneekoppe bewundern. Die Höhenmeter auf der Strecke brachten ein paar Fahrer:Innen an ihre Grenzen. Die Gruppenkapitäne sowie ein paar stärkere Fahrer konnten aber mit einer helfenden Hand am Ende alle über die manchmal steilen Hügel bringen. Die Verpflegungsstellen ließen keine Wünsche offen. Das große eingespielte Betreuerteam hatte jede Pause perfekt vorbereitet bevor wir an den Punkten ankamen. Alles super nette Menschen die man nicht mit zuviel Lob überschütten kann. Die Strecke die Fit4Bike geplant hatte war anspruchsvoll aber sehr schön. Viele schöne kleine Straßen durch böhmische Dörfer. Der Zeitplan in Mlada Boleslav sah vor, dass wir nicht vor 17 Uhr dort ankommen sollten. Die Gruppe war allerdings so schnell unterwegs, dass wir in Sobotka noch eine kleine Kunstpause eingelegt haben.
In Mlada Boleslav waren bereits die Verpflegungsteams da und machten am meisten Stimmung von allen. Ich hätte mit etwas mehr tschechischen Zuschauern gerechnet. Aber wir wurden freundlich empfangen und danach gabs noch ein paar Nudeln für jeden. Wieder gleiches Bild wie am Vortag. Am Ende war alles leer.
Nach Abgabe der Räder im Kulturhaus von Mlada Boleslav wurden wir auf diverse Hotels verteilt. Das hat alles perfekt geklappt. Unser Hotel war auch super. Ans Hotel angeschlossen gabs bei uns ein Restaurant wo sich nochmal alle Fahrer aus unserem Hotel auf ein Bier trafen.
Am Folgetag konnten wir etwas länger schlafen 6 Uhr klingelte der Wecker. Frühstück essen, mit dem Bus zum Kulturhaus fahren, Fahrrad abholen und wieder zum Startbereich beim Skotamuseum fahren.
8 Uhr gings pünktlich auf die Strecke. Wieder mit der ganzen Vorzügen einer abgesperrten Strecke ging es von Mlada Boleslav Richtung Litomerice. Dort überquerten wir direkt am Zusammenfluss von Ohre und Labe (Elbe) die Elbe um nach Terezin unserem nächsten Verpflegungspunkt zu erreichen.
Dort wurden wir herzlich vom Bürgermeister empfangen. Die Stadt war während des 2. Weltkriegs ein Ghetto für jüdische verfolgte Menschen aus ganz Europa. Für die Friedensfahrt also ein wichtiger Stopp. In den heutigen Zeiten wo wieder mehr und mehr Leute die Gräueltaten der Nationalsozialisten verharmlosen oder sogar behaupten diese wären nie passiert ist dies ein wichtiges Symbol wie ich finde.
Die nächste größere Stadt war Litvinov. Bis dahin ging es immer wieder Anstiege hoch und runter. Trotzdem kommen wir in der Gruppe gut voran. In Litvinov beginnt dann der Erzgebirgskamm. Dafür dürfen alle mal so schnell fahren wie sie können und wollen. Wie im letzten Jahr entbrennt ein Rennen am Anstieg bei dem ich nicht folgen kann. Ich fahre am Anfang zu schnell los und muss oben etwas langsamer machen. Mit meinen körperlichen Voraussetzungen komme ich allerdings im Rahmen meiner Möglichkeiten im Ziel auf dem Parkplatz an. Die ersten haben sich etwa eine viertel Stunde zusätzliche Pause herausgefahren. Oben sammeln sich langsam alle wieder. Danach gehts zügig weiter, weil der nächste Verpfegungsstopp direkt an der Grenze bei Deutscheinsiedel ist und das sind nur noch wenige Km. Wir liegen gut in der Zeit und dürfen eine etwas ausgedehntere Pause geniesen. Die tschechische Polizei hat damit ihre Aufgabe erfüllt und die Deutsche übernimmt nun. Wenn es letztes Jahr einen Kritikpunkt gab war es, die fehlende deutsche polizeiliche Unterstützung der Friedensfahrt 2021. Diesem Kritikpunkt wurde sich allerdings dieses Jahr angenommen und dieses mal stand diese in keiner Weise der der polnischen oder tschechischen Polizei nach. Die Organisatoren um Fit4Bike haben an der Strecke in Sachsen überall Schilder aufgehangen, die uns mit Zeitraum angekündigt haben. Dementsprechend haben uns viele Leute in den Ortschaften empfangen. Ich bin im Prinzip einhändig bis nach Chemnitz gefahren, weil ich die ganze Zeit am winken war. Danke für die Gänsehautstimmung an der Strecke.
In Chemnitz durften wir noch eine kleine Pause einlegen, um das Zeitfenster für den Zieleinlauf der Friedensfahrt im Rahmen des Sports United zu erfüllen.
Danach gings bis zum Stadtring. Dort wurden noch ein paar offizielle Persönlichkeiten ins Teilnehmerfeld gebeten und dann gings die letzten Meter bis zur Brückenstraße zum Karl-Marx-Kopf (zum Nischl). Wir wurden von vielen Leuten erwartet und diese jubelten uns bei der Einfahrt zu. Was für eine Stimmung. Wir rollen im Schritttempo ins Ziel. Danach gratulieren wir uns alle gegenseitig zum Beenden der Friedensfahrt. Wir bringen unsere Räder weg und lauschen den Begrüßungsworten von der Bühne. Danach sammeln wir uns nochmal für die Gemeinschaftsfotos vor der Bühne während im Hintergrund die Band spielt feiern wir alle Schlüsselfiguren des European Peace Rides. Das wird zu einer richtigen Party.
Danach gehts zum lockeren Ausklang bei Musik Essen und Bier. Viele Fahrer reden noch miteinander und verabschieden sich bis spätestens nächstes Jahr.
Der European Peace Ride ist ein unglaublich starkes Symbol für Europa, Frieden, Sport, Inklusion, Chemnitz…
Es ist egal als welchem Land man kommt, welches geschlecht man hat oder ob jemand eine Beeinträchtigung oder oder einfach egal… Im Teilnehmerfeld befanden sich einige Parasportler. Diese sind alles unglaublich inspierende Personen und trotzdem genauso Sportler wie jeder andere der Starter, die neben der Überwindung ihrer Beeinträchtigung genau die gleichen Themen im Kopf haben wie alle anderen. Wir konnten unheimlich nette Polen und Tschechen im Fahrerfeld begrüßen.
Ich hab in den Tagen danach eine schöne Umschreibung für diesen wilden Haufen aus Helfern, Organisation, Fahrern, Schirmherren, Sponsoren gelesen… EPR Familie.
Danke an alle die das möglich gemacht haben und dafür, dass ich ein Teil dieses wunderschönen Projekts sein durfte.